Weltmeisterschaften Plovdiv, 09.09.2018-16.09.2018

Unsere Saison ist von vielen Wechsel geprägt gewesen. Trotzdem war es meine mit Abstand erfolgreichste Saison. Die vielen Bootsbesetzungsänderungen sind unter anderem auf Verletzungen zurückzuführen, anderseits wollte der Verband aber auch herausfinden, welche Boote die besten Chancen auf ein gutes Resultat haben. Die vielen Wechsel waren nicht immer einfach und haben auch für ein paar unruhige Momente im Team gesorgt. Nichts desto trotz, gelang es mir an jeder Regatta eine Medaille zu gewinnen.  Nach der EM in Glasgow entschied sich unser Coach für den Doppelzweier mit Barnabé und mir. Nico wurde der Einer zugeteilt. Wir hatten also genau 5 Wochen Zeit, um dieses neue Projekt auf Vordermann zu bringen. Gestartet haben wir mit 3 Wochen trainieren Sarnen, gefolgt vom Abschlusstrainingslager in Corgeno (ITA). Das Boot lief schon von Beginn an viel besser als im Vorjahr an der WM, wo wir die selbe Besetzung stellten. Doch uns wurde auch schnell bewusst, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegen würde. Wir packten diese an und das Boot gewann immer mehr an Fahrt. Das Trainingslager konnten wir mit einem guten Gefühl abschliessen, denn die guten Trainings mit der richtigen Bootsgeschwindigkeit waren keine Ausnahme mehr und auch im Prozentvergleich mit den anderen Booten tauchte unser Zweier immer öfters ganz oben auf. Nur meine Rippe vermochte mir die gute Laune etwas zu verderben. Ich spürte sie immer mehr im Training und sie bereitete mir zunehmend Sorgen. Wir entschlossen uns, einen Trainingstag zu opfern, um Klarheit zu schaffen. Dafür fuhr ich kurzerhand nach Luzern, um ein MRI zu machen. Dabei ist herausgekommen, dass eigentlich alles in Ordnung war. Doch die Schmerzen wurden nicht weniger. Ab diesem Zeitpunkt verbrachte ich täglich 90 Minuten beim Physio, um die Schmerzen in Grenzen zu halten. Die Schmerzen waren nicht all zu stark. Im Rudern beeinträchtigten sie mich nicht. Sie bereiteten mir insofern mehr Sorgen, dass sie schlimmer hätten werden können. Dies ist aber glücklicherweise nicht eingetroffen.

Wir reisten 4 Tage vor dem ersten Rennen nach Plovdiv. Die Reise war relativ lang und wir waren alle froh, nach einem ganzen Reisetag im Hotel angekommen zu sein. Die Rennstrecke kannte ich nicht, doch ich mochte sie von Beginn an. Der Wind wehte meistens in Fahrtrichtung und auch die warme Wassertemperatur sorgte für hohe Geschwindigkeiten. Am Sonntag begann dann endlich die WM für uns mit dem Vorlauf. Für Barnabé und mich das erste Rennen zusammen in dieser Saison. Die Deutschen schossen am Start wie der Blitz aus den Startblöcken. Sie waren so schnell, dass wir sie in der ersten Streckenhälfte gar nie zu Gesicht bekamen…. Unser Start hingegen war nicht der Beste und so kam es, dass wir uns Schlag für Schlag zurückkämpfen mussten. Und plötzlich kamen wir den führenden Deutschen wieder näher. Wir griffen noch einmal mit voller Kraft an, da sich nur der Gewinner direkt für den Halbfinal qualifiziert konnte. Wir vermochten sie beinahe noch aufzuholen, doch zum Schluss fehlte uns eine halbe Sekunde.

Der 2. Rang im Vorlauf bedeutete für uns den Hoffnungslauf am Mittwoch. Wir stimmten uns positiv und sagten uns, dass es für uns sogar gut ist noch ein Rennen mehr zu fahren, da wir ja ohnehin noch nicht viele Rennkilometer in dieser Saison zusammen in den Beinen hatten. Am Mittwoch bereiteten wir uns, üblich wie immer, auf das Rennen vor. Ausnahmsweise wehte an diesem Tag ein starker Seiten- /Gegenwind. Nachdem wir unser Einfahrprogramm beendet hatten und uns zum Start begeben wollten, verkündete uns der Schiedsrichter eine 20-minütige Verspätung an. Wir diskutierten kurz, was wir in diesen 20 Minuten am besten machen würden und bereiteten uns erneut auf den Start vor. Jetzt war die Spannung wirklich da und der Start konnte kommen. Doch dann plötzlich ertönte es aus den Lautsprecher, dass alle Rennen abgesagt sind und auf den nächsten Tag verschoben werden. Wir hätten das Rennen gerne an diesem Tag gefahren, da wir uns wirklich bereit fühlten und durch die Verschiebung nun keine Pause mehr zwischen Hoffnungslauf und dem so wichtigen Halbfinal war.

Nichts desto trotz entschieden wir uns, die Situation zu akzeptieren und das bestmögliche daraus zu machen. Den Hoffnungslauf gewannen wir und standen somit mit Deutschland, Frankreich, Holland, Norwegen und Bulgarien im Halbfinal. Vor dem Halbfinal, welches bereits am Freitag stattfand, hatten wir beträchtlichen Respekt. Im Jahr zuvor haben wir genau in dieser Runde versagt und somit den Finaleinzug verpasst. Diese Situation wollten wir auf keinen Fall noch einmal erleben. Eine weitere Steigerung gelang uns im Halbfinale. Wir lagen nach dem Start nicht zu weit hinten und positionierten uns unmittelbar hinter den führenden 3 Boote. Wir hielten unsere Geschwindigkeit hoch und fuhren langsam auf unsere Konkurrenten auf. Kurz nach 1200 Meter gingen den Holländern die Puste aus und wir schoben unser Boot auf die finalberechtigte 3. Position. Unseren Rhythmus zogen wir weiter. Barnabé wartete länger wie gewohnt mit dem Endspurt und sagte nur noch für die finalen 15 Schläge „Spurt“ an. Diese reichten dann auch aus, um die Ziellinie als zweites Boot zu überqueren. Seit 3 Jahren standen wir endlich wieder in einem WM Finale.

Nach dem Halbfinal waren wir froh, einen Tag Erholung zu haben. Da wir zuvor an zwei aufeinander folgenden Tage Rennen bestritten, spürte ich meine Rippe wieder etwas stärker. Auch Barnabé hatte ein wenig mit Fieber und Magenproblemen zu kämpfen. Diese beiden Probleme konnten wir zu einem grossen Teil bis zum Finaltag wieder beheben oder zumindest die Symptome ein wenig unterdrücken. Wir fühlten uns trotz diesen Umständen bereit und freuten uns riesig auf das letzte Rennen der Saison.

Im Final traten wir gegen den letztjährigen Weltmeister Neuseeland, den diesjährigen Europameister Frankreich, Deutschland, Rumänien und den Favoriten England an. Zugegeben, am Start war die Nervosität wirklich gut spürbar, aber auch Freude und Adrenalin machten sich klar bemerkbar. Der Schiedsrichter zählte alle Länder auf, die Ampel setzte er auf rot und nach rund drei Sekunden ging es los. Wir erwischten einen richtig guten Start. So gut waren wir noch nie bei den Leuten nach 500m. Wie vor dem Rennen vereinbart, konzentrierte ich mich auf den Rhythmus, den Bootslauf und fokussierte mich auf die wesentlichen Punkte. Ich spürte, dass die Gegner nahe bei uns waren und dass in diesem Finale etwas zu holen ist. Immer wenn sich ein Rennen so aufbaut, verspüre ich ein Kribbeln in den Händen und weiss dann, dass das Rennen gut kommt und wir auf dem besten Weg sind. Die Franzosen zogen vor 1000m an und übernahmen die Führung. Die Briten legten einen Zwischensprint bei 1200m ein, was ich nicht wahrgenommen habe. Ich dachte die ganze Zeit, wir seien auf Medaillenkurs und war mir nicht ganz im Klaren, dass die Plätze zwei und drei hart umkämpft sind. Kurz vor dem Endspurt zogen die Neuseeländer links von uns an, weshalb wir reagieren mussten. Wir konterten mit unserem Endspurt, welcher meiner Meinung nach der coolste Abschnitt des Rennens darstellt und konnten die Neuseeländer sowie die Briten vom Leibe halten, jedoch die Franzosen leider nicht mehr einholen.

Die Ziellinie überquert, war mir nicht ganz bewusst, was wir soeben erreicht hatten. Doch dann, ein paar Sekunden später realisierte ich es. Wir haben unsere erste Elite Weltmeisterschaftsmedaille gewonnen und sind Vizeweltmeister.

Ich darf auf eine sehr erfolgreiche Saison 2018 zurückblicken und bin enorm dankbar für alle diese tollen Erlebnisse. Angefangen hat die Saison mit einem 2. Platz im Einer am 1. Weltcup in Belgrad. Darauf erruderten Nico und ich im Doppelzweier zweimal den 3. Rang am 2. und 3. Weltcup in Linz sowie auf dem Heimgewässer Rotsee bei Luzern. An der EM in Glasgow gewann ich erneut Bronze, diesmal aber wieder im Einer. Und nun zum Abschluss Silber an der WM in Plovdiv, was die Krönung meiner bis anhin erfolgreichsten Saison darstellt.

Damit dies möglich wurde, habe ich enorm viel Unterstützung von jeglichen Seiten erhalten. Für all diejenigen, die mich egal in welcher Form unterstützten, möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ihr habt einen wesentlichen Teil zu diesen Erfolgen beigetragen. Vielen herzlichen Dank!

Nun freue ich mich auf eine Woche Ferien, nachdem es dann bereits wieder mit dem Aufbau für die nächste Saison weitergeht, denn das nächste Jahr ist von besonderer Bedeutung, da dann an der WM die Quotenplätze für die olympischen Spiele 2020 in Tokyo vergeben werden.